Engel kommen, um mich zu holen

Der Tod Josefs

„Selig sind die Toden, die in dem Herrn sterben, sie ruhen von ihrer Arbeit“ (Offb 14,13). Mit dieser Bildunterschrift hat der Bildhauer und Maler Tobias Weiß den Tod Josefs in den „Biblischen Totentanz“, der in der Michaelskapelle auf dem Alten Friedhof in Bad Mergentheim zu sehen ist, aufgenommen. In 15 Gemälden greift dieser biblische Geschichten von Sünde und Tod auf, setzt aber auch die heilbringende Osterbotschaft ins Bild.
Es fällt auf, dass der Tod des Heiligen Josef das einzige Gemälde im Bilderzyklus ist, für das es keine biblische Grundlage gibt. Nirgendwo in der Heiligen Schrift wird dieser erwähnt.
Dass Tobias Weiß ihm trotzdem ein Gemälde widmet, hat vielleicht damit zu tun, dass um das Jahr 1885, in dem er seinen biblischen Totentanz schuf, die Josefsverehrung sehr ausgeprägt war. Hatte doch Papst Pius IX. 1870 die gesamte katholische Kirche unter den Schutz des heiligen Josef gestellt. Außerdem darf Josef als Schutzpatron der Sterbenden in einer Friedhofskapelle wohl nicht fehlen.
Dem Heiligen Josef wird ein friedlicher Tod in hohem Alter nachgesagt. So hat ihn Tobias Weiß auch dargestellt. Er hebt ihn damit von den umgebenden Darstellungen ab, die von grausamen und elenden Toden künden. Josef hat das Zimmererwerkzeug ausgebraucht, es steht in der Ecke. Sein ausgeprägter Bart zeigt ihn als betagten Mann, was aber wohl nicht stimmt. Der Kirchenvater Hieronymus geht davon aus, dass er wohl noch vor der Taufe Jesu starb, also vor dem Beginn seines öffentlichen Auftretens.
Maria und Jesus sind dem sterbenden Josef in segnender Haltung zärtlich zugewandt. Der Tod tritt halb in den Raum, Josefs Zeit ist abgelaufen. Doch der Tod hat keine Macht über ihn. Engel ziehen leicht beflügelt an ihm vorbei, um Josef zu holen.
Das erinnert an den bekannten Song „Ain‘t No Grave“, den Jonny Cash kurz vor seinem Tod geschrieben und aufgenommen hat. Mit den Worten „Ich sehe eine Schar von Engeln und sie kommen um mich zu holen“ bringt er darin seine Hoffnung auf Erlösung zum Ausdruck.
Und so schließt sich auch im „Biblischen Totentanz“ von Tobias Weiß der Darstellung des Todes Josefs die österliche Botschaft an:
„Verschlungen ist der Tod vom Sieg.“ (1 Kor 15,54)

Der zur katholischen Begräbnisliturgie gehörende Hymnus „In paradisum“ unterstreicht die Botschaft des Bildes vom friedlichen Sterben des Heiligen Josef. Dort heißt es:

Zum Paradies mögen Engel dich geleiten, die heiligen Märtyrer dich begrüßen und dich führen in die heilige Stadt Jerusalem.
Die Chöre der Engel mögen dich empfangen, und durch Christus, der für dich gestorben, soll ewiges Leben dich erfreuen.

— Andreas Steffel

Programm September 2025 – Januar 2026

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