Rückblick

Professor Ansgar Jaeger warf einen differenzierten Blick auf das Material Kunststoff

Voller Saal beim Kooperationsvortrag mit der Naturschutzgruppe Taubergrund

Auf großes Interesse stieß der Vortrags- und Diskussionsabend mit Ansgar Jaeger, der sich als Professor für Kunststoff- und Elastomertechnik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg mit den Vor- und Nachteilen von Kunststoff auseinandersetzt. Unter dem Titel „Kunststoffe – Fluch und Segen zugleich?“ versachlichte er die in der Öffentlichkeit teilweise sehr emotional und pauschal geführte Diskussion um den Problemstoff Plastik, indem er sich differenziert und auf wissenschaftlicher Basis dem komplexen „Kunststofffeld“ widmete.

 

Zusammengefasst die wesentlichen Inhalte und Ergebnisse des Vortrags:

  • Kunststoffe sind heute in vielen Anwendungen und Branchen äußerst effektiv und zuverlässig im Einsatz. Dazu gehören insbesondere die Bereiche Medizin, Mobilität, Bau, erneuerbare Energien, Elektronik und Freizeit.
  • Vorteile von Kunststoffen sind, dass sie eine niedrige Verarbeitungstemperatur haben, leicht und komplex gestaltbar sind sowie eine hohe chemische Beständigkeit aufweisen.
  • Durch den Einsatz im Leichtbau, bei der thermischen und elektrischen Isolation sowie durch ihren Gestaltungsspielraum tragen Kunststoffe maßgeblich zur CO2-Reduktion bei.
  • Nur vier bis fünf Prozent des Gesamtrohöls wird in der Kunststoffverarbeitung verbraucht. Verkehr sowie Energie und Heizung haben einen deutlich höheren Anteil am Gesamtölverbrauch, beide über 40 Prozent.
  • Auf der anderen Seite tragen Kunststoffe und Plastik in hohem Maße zur Verschmutzung der Umwelt und der Weltmeere bei.
  • Schätzungsweise 80 Millionen Tonnen Kunststoffe befinden sich in den Weltmeeren. Rund dreiviertel davon sind Mikro-, der Rest Makrokunststoffe.
  • Haupteintragswege sind Reifenabrieb und Waschen in den Industrieregionen. Vor allem in Asien und Afrika gelangen aber auch aufgrund fehlender bzw. zuverlässiger Entsorgungs- und Reinigungswege Kunststoffe in großen Mengen in die Weltmeere. In diesem Fall wird die extrem lange Haltbarkeit von Kunststoffen zum Nachteil.
  • Eine wirkungsvolle Reduktion des Plastikmülls ist nur mit weltweit funktionsfähigen, ökologischen Sortier- und Entsorgungswegen möglich. Gerade die sehr guten deutschen Entsorgungs- und Recyclingsysteme für Makroplastik wären dabei ausgezeichnet für den Export geeignet.
  • Verbrennung von Kunststoff ist dann akzeptabel, wenn die Aufbereitung zu aufwendig ist. Zugleich aber sollte durch neue Anwendungsfelder und recyclinggerechten Konstruktionen eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Wiederverwendung angestrebt werden.
  • Aber auch jeder Einzelne kann ein Stück weit zur Plastikmüllreduktion beitragen: nicht- oder wenig verpackte Produkte und Waren kaufen, z.B. bei Obst und Gemüse, regional einkaufen, Leitungswasser trinken oder Getränke in Mehrwegflaschen kaufen, Kunststoffe richtig entsorgen, weniger und defensiv Autofahren, Körperpflegemittel ohne Mikroplastik verwenden.
  • Industrie und Wissenschaft sind dazu aufgefordert, nach Möglichkeit recyclebare Produkte zu entwickeln, welche die Trennung von Stoffverbunden ermöglicht. Wichtige politische Maßnahmen wären: Verbesserung der Klärtechnik für Straßenbeläge, Verbot von Müllexporten, Erhöhung der Recyclingquoten sowie Schaffung von Anreizen für den Einsatz von Recyclingrohstoffen.

Programm Februar – September 2024

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