Rückblick

Zeitlose Wegweiser

Ein gut gefüllter Saal belegt, dass das Stadtkloster Bad Mergentheim und die KEB mit  dem Thema „Einsichten aus den Gleichnissen Jesu“ eine Sehnsucht angerührt hatten, und die Referentin Barbara Bargel vom Lehrstuhl für Neutestamentliche Exegese der Universität Würzburg, enttäuschte ihr Auditorium nicht.

Sie zeigte auf, wie Jesus mit seinen Gleichnissen den einzelnen Menschen anspricht, auffordert, Stellung zu beziehen und hierzu sein eigenes Verhalten zu überdenken. Durch einen hohen Anteil an direkter Rede nimmt der Zuhörer an einem lebendigen Geschehen teil. Häufig wendet sich Jesus am Ende mit einer Frage an seinen Zuhörer, wie im Gleichnis vom barmherzigen Samariter: „Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste geworden dem, der unter die Räuber gefallen war?“

Der reiche Kornbauer hält sein Korn zurück, und wird vor die Frage gestellt, was sein irdischer Reichtum im Angesicht des Todes wert ist. Am Gleichnis vom reichen Kornbauern entspann sich eine lebhafte Diskussion, die zeigte, wie unterschiedlich dieser vordergründig einfache Text heute aufgefasst wird.

Zugleich trat die Bedeutung der Exegese hervor. Die Gleichnisse Jesu sind zeitlos. Unsere Ohren hat der Zeitgeist hören gelehrt. Wörter haben ihren Sinngehalt über die Jahrhunderte verändert. Die sozialen und rechtlichen Verhältnisse haben sich gewandelt. Gebräuche und Tabus aus der Zeit Jesu sind uns fremd. Vom historischen Kontext wissen wir meist wenig.

Was dies bedeutet, arbeitete die Referentin an den beiden Gleichnissen von den Arbeitern im Weinberg und vom verlorenen Sohn heraus: Ist es gerecht, dass der Arbeiter, der erst kurz vor Ende des Tages in den Dienst tritt, denselben Lohn erhält, wie derjenige, der den ganzen Tag geschuftet hat? Ist es gerecht, dass der Vater den verlorenen Sohn in Freuden aufnimmt, obwohl der sich nach den Konventionen seiner Zeit abgesondert hatte und abgetan war? Welche Gerechtigkeit stellt uns Jesus hier vor?

Nach und nach wird klar, dass Gleichnisse interpretationsoffen sind und wir sie desto besser begreifen, je mehr wir über den Kontext wissen. Aber das ist kein Grund zur Resignation. Im Gegenteil. Barbara Bargel hebt am Ende eines intensiven Abends hervor, wie wertvoll es ist, sich mit diesen zeitlosen Wegweisern zu einem gelungenen Leben zu befassen.

Klaus Hofmann

Programm Februar – Juli 2025

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