Liebe Leserinnen und Leser,
als Titelbild für das Programm des ersten Halbjahres 2022 habe ich eine Darstellung aus der sogenannten Wiedmannn-Bibel gewählt. Bei dieser handelt es sich um die weltweit einzige, komplett illustrierte Bibel. Sie wurde vom Stuttgarter Künstler und Kirchenmaler Willy Wiedmann (1929–2013) geschaffen. Er arbeitete 16 Jahre lang an den Bildern, die eine Gesamtlänge von mehr als einem Kilometer ergeben. Gemalt sind sie in dem von ihm selbst entwickelten Polykonstil.
Dargestellt ist das Pfingstereignis, das die Jünger schlagartig befeuert und in Gang setzt. Auf dieses Wunder hoffen wir in diesem Jahr ganz besonders. Mögen die Feuerzungen den Schleier von Phlegma und Lethargie, der sich nicht erst seit Corona über das Land gelegt hat (Abt Notker Wolf sprach schon 2006 von einem „Warteraum“ Deutschland, siehe Seite 22) verglühen lassen, damit die Gaben des Geistes freie Bahn gewinnen und sich durchsetzen: Vorantreibende Stärke gegen lähmende Angst, aufbauender Rat gegen apodiktische Anordnung, kritisch geprüfte Erkenntnis gegen voreiliges Urteil, Gottesfurcht/dienende Demut gegen das „Sich selbst so wichtig nehmen und machen“, systemische Einsicht gegen das intolerante, engstirnige Dogma. Und zuletzt ganz besonders Weisheit gegen Scheinweisheit, Sophisterei, scheinbar einleuchtenden Vermutungen, „Sich weise dünken“, „Sich hochmütig zum Himmel streben“, gegen trügerisches und widersprüchliches Reden, große Worte ohne Taten, das „Ständige mitteilen und glänzen müssen“ (zu den Gaben des Geistes siehe Seite 8).
Jimi Hendrix sagte einmal: „Wissen spricht, aber Weisheit hört zu.“ (siehe Seite 25 ) Und wenn wir schon bei Sprüchen sind, könnte man in Anlehnung an eine schwäbische Redewendung sagen: Oh Herr, schmeiß dieses Jahr besonders viel „Geischd“ ra! Und wenn es geht, nicht erst zu Pfingsten, sondern baldmöglichst.
Einen Pfingstaufbruch zu Beginn des Jahres wünscht Ihnen
Andreas Steffel
Leiter Dekanat Mergentheim e.V.